Ortsbeiratswahl – Neu: offene Liste in Biebertal

Während der letzten Wahlperiode 2016-2021 hatte es – in Ermangelung von Parteigenossen, die sich zur Wahl hätten aufstellen lassen können – keinen Ortsbeirat in Vetzberg gegeben.
Nun können in Biebertal bei dieser Wahl 2021 zum ersten Mal auch parteilich ungebundene Bürger für einen Sitz im Ortbeirat kandidieren.
Bei Infoveranstaltungen in den Ortsteilen ging es zunächst um Aufklärung, was eine “offene Liste” ist, wer ab wann auf die Liste kann und wie die Fristen sind, die eingehalten werden müssen, um dem Wahlgesetz zu genügen. “Danach muss sich jemand finden, der den Hut aufsetzt und so eine Liste organisiert”, erklärte Patricia Ortmann in einem Artikel im Gießener Anzeiger vom 11.07.2020.
Ab Oktober wurden dann in allen Ortsteilen konstituierende Sitzung durchgeführt, zu der alle Bürger eingeladen waren; insbesondere die, die auf der Liste kandidieren und die, die bei der Listenaufstellung mitbestimmen wollten.
Nachdem sich die Kandidat/innen vorgestellt hatten, wurde die Ortsteil-Liste erstellt und Listenplätze für die Anwesenden definiert und darüber abgestimmt; Position für Position. Die sich dabei ergebende Rangfolge ist eine vorläufige, da die Bürgerinnen und Bürger bei der Wahl kumulieren und panaschieren können.
Die aufgestellten Kandidat/innen mussten dann für sich werben und Unterstützerunterschriften aus dem Ort sammeln, um vor der Wahlkommission bestehen und rechtens aufgestellt werden zu können. (Insgesamt mindesten doppelt so viele Stimmen wie der Ortsbeirat im Ort hat).
Wählbar zum Ortsbeirat ist, wer volljährig ist und im entsprechenden Ortsteil wohnt.
Eine Kampfkanditatur einer offenen Liste gegen eine Parteienliste soll es nicht geben – darüber hatten die Vertreter der Parteien sich im Vorfeld geeinigt.
Die fertigen Listen für die Kommunalwahl wird als Ortsbeiratsliste eingereicht, vom Wahlausschuss in einer öffentlichen Sitzung auf Richtigkeit geprüft. Am Wahltag können die Bürger/innen ihre Stimmen dann an die verteilen, die sie als ihre Ortsvertreter sehen möchten; von denen sie glauben, dass sie ihre Interessen würdig gegenüber dem Gemeindeparlament vertreten, sich aktiv für die Belange des Ortsteils einsetzen und – mit den neu zugesagten freien Budget für die Ortsteile gut im Sinne der Ortsgemeinschaft umgehen werden.

(un)typische? Erfahrungen als Ortsbeirat 2016-2021

Gegner suchen Argumente, Visionäre suchen Wege.

Typischerweise wird vom Ortsvorsteher zu den Sitzungen des Ortsbeirates eingeladen – meist einmal im Quartal … je nachdem, wie viele Themen anstehen, die es zu besprechen gibt. Zum Teil lädt auch das Hauptamt der Gemeinde ein, wie z.B. zu den Informationsabenden zur “offenen Liste”.

In der ersten = konstituierenden Sitzung des Ortsbeirates, wenn die gewählten Ortsvertreter ihre Wahl angenommen haben, wählen sie aus ihren Reihen einen Ortsvorsteher und den Schriftführer, der die Sitzungen protokolliert.

Im Laufe der Jahre (Amtsperiode sind 5 Jahre) haben wir mehrere Ortsbegehungen in der Gruppe unternommen und in Gesprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern Themen zusammengetragen. Zudem kommen Fragen aus dem Rathaus und auch Bürger können die Ortsbeiratsmitglieder zu ihren Anliegen informieren oder während der öffentlichen Sitzungen ihre Anliegen vortragen.
Die Anliegen und Beschlüsse des Gremiums gehen dann als Protokoll der Sitzung zur Gemeindeverwaltung nach Rodheim … wo sie vom Gemeindevorstand gelesen und als Projekte an die Abteilungen weitergeleitet werden.
Hier soll das Mitspracherecht in der nächsten Legislaturperiode verbessert werden – ebenso wie es ein kleines Ortsteil-Budget (3.000,- €) geben soll, über das dann im Ort eigenständig verfügt werden kann, um Zeitverzug bei kleineren Reparaturen und Projekten zu minimieren. Was allerdings aus den kostspieligeren Anregungen und Forderungen eines Ortsbeirates wird, wird dann andernorts entschieden.

Leider gibt es bislang keine offizielle Vernetzung oder Zusammenarbeit der in den Ortsteilen separat arbeitenden Gruppen. Ein regelmäßiger Austausch wäre sicher eine gute und schlagkräftige Option.
Nur einmal während meiner Amtszeit gab es ein Treffen, zu dem alle Ortsbeiräte eingeladen waren.
Doch dabei: keinerlei workshopähnliche Struktur, um einander und die verschiedenen Interessen kennen zulernen, keine Vernetzung z.B. per Mail.
Wer sich nicht kennt oder privat die Zeit hat, ein Miteinander zu organisieren, hat verloren.
Der Ideenpool innerörtlicher Kenntnisse wie Kompetenzen wird hier noch nicht optimal genutzt; wertvoll Zeit wird verschwendet, Ressourcen liegen brach.
Das ist bedauerlich, aber durch das Engagement der Neuen sind wir vielleicht im nächsten Schritt schon ein Stück weiter!???
Ein anderer schwieriger Punkt ist die nahezu fehlende Rückmelde- und Informationskultur auf Seiten der Verwaltung.
Das ist eine Realität der Ortsbeiräte.

Eine andere Seite zeigt sich mit den engagierten und am Gemeinwesen interessierten Menschen in den Ortsteilen, die ich in verschiedenen Sitzungen und bei Aktivitäten erleben konnte.
Wer Ideen hat und sich einsetzen möchte, findet sicherlich genügend Aufgaben und Möglichkeiten, sich für die Bürger und unser aller Gemeinwohl einzusetzen oder sich nützlich zu machen

… zum Beispiel:

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und vieles mehr in allen Ortsteilen!

Immer wieder gilt es aber auch, sich nicht vom Frust über die lange Wege entmutigen zu lassen, die ein politischer Apparat so mit sich bringt.
Vieles baucht seine Zeit und schafft so einen Übungsraum für Geduld und Beharrlichkeit.

Neben der allgemeinen und beruflichen Arbeitsbelastung, insbesondere jüngerer MitbürgerInnen, ist der Eindruck: “Schön, dass wir einmal darüber gesprochen haben” sicherlich einer der Gründe, die von der Übernahme einer solchen Aufgabe abschreckt.
Dennoch: wer in seinem Ort etwas bewegen möchte, der kommt nicht umhin sich und die eigenen Ideen zu zeigen, seine Stimme zu erheben und anzupacken.
Wer nicht selbst (mit)bestimmt, der muss nehmen, was andere ihr/ihm verfügen, vorsetzen, zumuten.

Für dieses Ehrenamt erlebe ich eine gute Vernetzung im Ort als eine wichtige Bedingung, um im Gespräch an Informationen zu kommen, um die Bedürfnisse der Bürger kennen zulernen sowie um Menschen mit der eigenen Begeisterung für die Sache zu Mitmachen zu bewegen.
Meinem Eindruck nach kommt es da sehr auf die Person an, weniger auf ein passendes Parteibuch.

Bislang stellten die politischen Parteien, wie auch die Gruppe der Freien Wähler, die Listen und bestimmten die Verteilung der Ämter nach dem Zahlenverhältnis der abgegebenen Stimmen.
Doch bei dem Verfahren fanden sich zuletzt immer weniger Interessenten für das Amt. Insofern wird die neue Idee einer “offenen Liste” auch von den Parteien positiv gesehen. auch wenn dann keine Parteien zur Wahl stehen, sondern einzelne Personen.
Denn für die kommende Wahlperiode über das “Prinzip der offenen Liste” diskutiert – ausgelöst dadurch, dass in Vetzberg in der aktuellen Wahlperiode keinen Ortsbeirat gab.
Damit wird Menschen, die sich in keiner politischen Gruppierung verpflichten wollen, die Möglichkeit eröffnet, das Leben im Ort mitzugestalten, indem sie sich für die Arbeit im Ortsbeirat engagieren.

Der Ortsbeirat

Der Ortsbeirat ist ein (beratendes) Verwaltungsorgan in deutschen Städten oder Gemeinden.
(Dazu schreibt die Bundeszentrale für politische Bildung)
Das Gremium soll die Interessen der Orts- oder Stadtteile gegenüber der gesamtgemeindlichen Verwaltung und dem Hauptorgan der jeweiligen Gemeinde, dem Gemeinderat vertreten.
Die innere Verfassung der Gemeinden und die Aufgaben von Ortsbeiräten sind in den Gemeindeordnungen der Länder geregelt.

In Hessen können die Städte und Gemeinden nach § 82 Abs. 1 der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) durch Beschluss der Gemeindevertretung für ihr Gebiet Ortsbezirke bilden. Die Einrichtung und Abgrenzung der Ortsbezirke wird in der Hauptsatzung der Gemeinde geregelt. In jedem Ortsbezirk wird ein Ortsbeirat gewählt, der Vorsitzende ist der Ortsvorsteher. Dieser wird in der ersten Sitzung nach der Wahl aus der Mitte der Ortsbeiratsmitglieder gewählt.
Die Wahl zu den Ortsbeiräten erfolgt gleichzeitig mit den Wahlen zur Gemeindevertretung bzw. der Stadtverordnetenversammlung für die Dauer von fünf Jahren.
Der Ortsbeirat besteht aus mindestens drei, höchstens neun Mitgliedern, in Ortsbezirken mit mehr als 8000 Einwohnern aus höchstens neunzehn Mitgliedern. Die genaue Anzahl wird in der Hauptsatzung der Kommune festgelegt. Die Mitglieder des Ortsbeirats sind ehrenamtlich tätig.

Der Ortsbeirat ist zu allen wichtigen Angelegenheiten, die den Ortsbezirk betreffen, zu hören, insbesondere zum Entwurf des Haushaltsplans.
Er hat ein Vorschlagsrecht in allen Angelegenheiten, die den Ortsbezirk angehen.
Er hat zu denjenigen Fragen Stellung zu nehmen, die ihm von der Gemeindevertretung oder vom Gemeindevorstand vorgelegt werden.
Weitere Aufgaben können dem Ortsbeirat widerruflich von der Gemeindevertretung übertragen werden. Den Ortsbeiräten werden die zur Erledigung ihrer Aufgaben nötigen Finanzmittel zur Verfügung gestellt.

In Hessen bestehen nicht in allen Gemeinden Ortsbeiräte.
In der Regel haben sie auch nur die nach HGO beschriebenen Mindestkompetenzen wie Anhörungs- und Vorschlagsrecht. Die Entscheidungen, gegebenenfalls auch gegen das Votum des Ortsbeirats, werden in der Gemeindevertretung getroffen.