Während der auf kommunaler Ebene einmal (bis zweimal) jährlich stattfindenden Bürgerversammlung informiert die Bürgermeisterin über die Themen der Kommune. Die Veranstaltung dient zudem dem Austausch mit Bürger/innen und kann zu Entscheidungsfindungen beitragen. Formal hat diese Versammlung jedoch keine Befugnisse im Sinne eines gemeindlichen Entscheidungsorgans.
Wie umfänglich die Themen der Gemeindeverwaltung sind, stellte unsere Bürgermeisterin Patrica Ortmann am 17. November in einer 3 1/2 Stunden-Sitzung in beindruckender Weise dar … und konnte damit dennoch nur einen Ausschnitt sichtbar werden lassen.
Frau Ortmann begann mit der Haushaltslage unserer immer schon klammen Gemeindekasse – die inzwischen im Detail über die Web-Seite der Gemeinde Biebertal.de anzusehen ist.
In diesem Jahr wird der Ergebnishaushalt – eine tabellarische Darstellung von verschiedenen Einnahmen und Ausgaben innerhalb eines Jahres – voraussichtlich mit einem sechsstelligen Defizit abgeschlossen, der durch die Auflösung von Rücklagen ausgeglichen wird. Denn der Haushalt einer Gemeinde muss immer ausgeglichen sein.
Hohe Ausgaben sind durch die steigenden Energiekosten bedingt; 3,6 Mio. werden für die 12 Kinderbetreuungs-einrichtungen in Biebertal ausgegeben. Im Investitionshaushalt stehen ca. 8 Mio. für Projekte der Dorfentwicklung – u.a, für das Familienzentrum in Königsberg, die Begegnungsstätte Dünsbergtal in Krumbach; aber auch für einen Kunstrasenplatz in Fellingshausen, der mit 500.000 € deutlich unterfinanziert sein dürfte. Dieser Betrag wurde 2022 mit Verpflichtungserklärung, um Fördergelder zu beantragen, in den Haushalt eingestellt. Um derartige Lasten zu tragen, wird die Grundsteuer B sicherlich bald angehoben werden.
Weiter ging es über die Themenschwerpunkte Baugebiet für Gewerbe in Rodheim, die Entwicklungen im Dreispitz III und dem ehemaligen Hotel Am Keltentor in Fellingshausen, über Mobilität zu den weniger öffentlich wahrgenommenen Aufgaben, wie der Erstellung verschiedenster Kataster, hin zum Neubau von Feuerwehr und Bauhof in Rodheim. Es folgten Erklärungen zur Dorfentwicklung, z.B. in Königsberg und Krumbach, über die Energieversorgung, interkommunale Zusammenarbeit bis hin zum Ausblick auf 2023. Anschließend beantwortete sie die schriftlich eingereichten Fragen, wie auch die im Saal spontan vorgetragenen Anliegen der beinahe 10.000 eingeladenen Biebertaler.
Was ich mir dazu merken konnte, lesen Sie in diesem Bericht, der der Power-Point-Präsentation der Bürgermeisterin folgt.
Aktuell befinden sich die Unterlagen zum neuen Gewerbegebiet in Rodheim in der 1. Offenlage, bei der öffentliche Belange geprüft werden. 2023 wird das Projekt im Bauausschuss öffentlich vorgestellt, woraufhin die 2. Offenlage erfolgt und die Interessentenliste angeschaut wird.
Beim Baugebiet in Fellingshausen konnte die Gemeinde nicht alle Grundstücke erwerben, wie es ursprünglich angedacht war. Daraufhin werden derzeit die Städtebaulichen Verträge überarbeitet. Sie sollen mit der Firma Weimer noch Ende 2022 zum Abschluss kommen. Die Offenlage der Pläne, die Möglichkeit Einwände einzubringen, die dann abgewogen werden müssen, soll 2023 erfolgen.
Die projektierte Seniorenresidenz auf dem Grundstück des ehemaligen Hotels “Am Keltentor” wurde vom Regierungspräsidium aufgrund der Raumstruktur gekippt. Wegen der Nähe zum Baugebiet Dreispitz III käme es hier zu einer Zersiedelung der Landschaft. Der Investor ist daraufhin von seinem Vorhaben zurückgetreten. Das private Grundstück ist inzwischen verkauft. Aus datenschutzgründen blieb bisher unklar, wer das ehemalige Hotel gekauft hat.
Das Gebäude muss in der bisherigen Form als Gastronomie und Hotel weiter geführt werden. Andernfalls müsste in dieser Außenlage ein Bauantrag gestellt werden, der vermutlich ebenfalls keinen Zuspruch finden würde.
Mobilität, das nächste Schwerpunktthema als Nahmobilität im Landkreis, wie im Land Hessen.
Für die oft gewünschte Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h in den Orten ist meist Hessen Mobil zuständig.
Zu ÖPNV-Verbindungen zwischen Biebertal und Wettenberg außerhalb des Schulbusverkehrs sowie zwischen den Ortsteilen wurde, wie im Bild unten zu sehen, eine Bürgerbefragung durchgeführt und ausgewertet:
Zum Thema Radverkehr gibt es (unten im Bild) eine Prioritätenliste der Gemeinde. Im Rahmen der Förderung der Nahmobilität kann nun der Radweg, der vor der REWE-Markt in Rodheim eine gefährliche Kreuzung mit dem Autoverkehr bildet, bis zur Einfahrt zur Kläranlage auf die andere Straßenseite verlegt werden.
Mit Zuschüssen kann nun auch entlang der Kreisstraße die Verbindung von Krumbach nach Frankenbach geschlossen werden.
Der Weg von Fellingshausen zum EDEKA-Markt in Rodheim soll nach Abschluss der Bauarbeiten an den Neubauten von Feuerwehr- und Bauhof-Gebäuden realisiert werden – ohne dass es dafür Zuschüsse gibt, schließlich gäbe es bereits eine Verbindung von Fellingshausen über die Kehlbach nach Rodheim.
Seit längerem wird ein Klimamanager gesucht. Der soll das Klimaschutzkonzept der Gemeinde weiter entwickeln und die Umsetzung koordinieren und Energieberatung vorantreiben. Zudem wies die Bürgermeisterin auf die Auftaktveranstaltung zur Informationskampagne für Bürgerinnen und Bürger zum Thema Energiewende hin:
Wenig bekannt sind Aktivitäten der Gemeindeverwaltung, wie das Erstellen von verschiedensten Katastern, z.B. der Altlasten, der fast 60 Brücken in Biebertal, die Erfassung aller historischen Mauern oder die Erstellung von Fließpfadkarten, um mögliche Gefährdungen bei Starkregenereignissen zu erkennen oder um für alle Fälle – auch für Gebäude im Außenbereich – hinreichend Löschwasser zur Verfügung zu haben.
Weiter ging es mit Themen aus dem Bereich IKEK = Integriertes kommunales Entwicklungskonzept. Wie im Bild schwer zu erkennen, standen hier Feuerwehr – Bauhof – Erklärungen zum Prozedere öffentlicher Baumaßnamen und zu den Verzögerungen beim Stützpunktbau; die Nachnutzung der frei werdenden Feuerwehrgerätehäuser in den Ortschaften, der notwendige Kita-Ausbau, Co-Working für Start-ups junger Unternehmen im historischen Bauhofgebäude (wozu gerade ein Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben sei) und Vereine – Verwaltung.
Am 3. 12. finde im Bürgerhaus Bieber um 15.30 Uhr die Auswertung der Ergebnisse der Veranstaltung “Familienpicknick” statt, die vom Kinder- und Jugendbüro der Gemeinde im laufe des Jahres in allen Ortsteilen angeboten worden war:
Erfolgsmeldungen waren (wie auf den nachfolgenden Folie zu lesen) im Bereich der Dorfentwicklung zu nennen:
Weiter ging es mit der Entergiesparverordnung, die dafür verantwortlich ist, dass in den Bürgerhäusern und in der Gemeindeverwaltung die Temperatur auf 19 Grad, in den Sport- und Turnhallen auf 15-17 Grad und die Wassertemperatur im Familienbad auf 26 Grad, das Babybecken 30 Grad heruntergesetzt wurde. Das gilt von Oktober bis März.
Die Straßenbeleuchtung, schon vor 10 Jahren auf LED-Leuchten umgestellt, spart damit bereits 75 % Energie ein. Dabei hilft, dass bislang zudem die Leuchtkraft der Straßenleuchten um die Hälfte reduziert wird (Halbnachtschaltung); aktuell von 0 bis 5 Uhr morgens, bald ab 22 Uhr – 5 Uhr. Mehr scheint derzeit aus technischen Gründen nur aufwendig und kostenintensiv nicht sinnvoll. Zudem muss das Licht nachts wegen der Verkehrssicherheit zumindest an Knotenpunkten wie Kreuzungen oder Fußgängerübergängen brennen.
Klare Ansage: “Wir müssen Energie sparen!” Gerade zum Drosseln des Verbrauches wurde noch auf die kostenlose Online-Infoveranstaltung „Sonnenenergie vom eigenen Dach“ am Montag, 28. November 2022 von 19:00 bis 21:00 Uhr aufmerksam gemacht, die ebenfalls über die Web-Seite Biebertal.de aufgerufen werden kann. (siehe oben)
Weitere Erfolgsmeldungen: die Teilnahme an Stadtradeln; dass inzwischen 4 FSJ`ler in Biebertal arbeiten; dass das interkommunale Zusammenarbeit (IKZ) bei Onlinezugang OZG und die Cybersicherheit der kommunalen Verwaltung vorangetrieben wurden; die AWO Bieberbande in den Räumlichkeiten der ehemaligen Volksbankfiliale in Bieber nun 5 Betreuungsplätze in Kindertagespflege für Kinder von 1 bis 3 Jahren bietet; dass ein erstes SommerSchwimmCamp des Landkreises durchgeführt wurde; dass das KOMmunalProgrammSicherheitsSiegel – KOMPASS in Biebertal implementiert wurde; ein 1. Burgfest in Vetzberg stattfand sowie ein Benefitzkonzert im Rahmen der Europawoche; eine zweite Waldkitogruppe ist an den Start gegangen – z.B. in der Nähe des Rodheimer Waldsportplatzes mit Tippi und Bauwagen zu entdecken; und. last but not least, wurde Biebertal von der IHK Lahn-Dill als attraktiver Wohnstandort für Fachkräfte ausgezeichnet.
Zum guten Schluss, also bevor die Bürgermeisteren sich den Fragen der Bürgerinnen und Bürger stellte, der Ausblick in das Jahr 2023, wozu hier die letzten Folien zu sehen sind.
In der Fragerunde waren dann noch die Nutzung von Nahwärme (aktuell in den Baugebieten nicht in Planung), die Bürgerbeteiligung bei PV-Anlagen in der Fläche, die Pflanzung von Obstbäumen (jede Schulklasse pflanzt einen Baum, Kooperation mit Baumschulen, Bürgerberatung wegen Zuschuss von 100,- €); die aktuelle und zukünftige Trinkwasserversorgung in Biebertal; der Sachstand zu Windkrafträdern im Helfholz (aktuell beim Verwaltungsgericht anhängig); das Car-Sharing Thema (derzeit laufen Ausschreibungen); eine umzäunte Hundewiese, wobei das Gelände zwischen Familienbad und Bieber, da anders naturschutzrechtlich definiert, nicht in Frage komme; oder ob die Gemeinde für die Kosten des Verfahrens Mackenrodt versus CDU-Fraktion aufkomme? Bürgermeisterin: “Nein, da hat die Gemeinde nichts gezahlt.” (Ich persönlich finde es zwar immer noch für alle Ehrenamtler verstörend, dass die, für die sich die Freiwilligen einsetzen, keine Rückendeckung geben. Andererseits ist die Frage verständlich: wieso soll die Gemeinschaft Privatfeden finanzieren! In der Sache wird es noch spannend werden, wie diese Angelegenheit ausgeht, da in Hessen eine Fraktion eine juristische Person öffentlichen Rechts ist … und die Fraktion über keinerlei Mittel verfügt.)
Irgendwann waren dann auch meine Neurotransmitter verbraucht, so dass ich das reale Ende der Veranstaltung nicht mehr mitbekommen habe. Beim nächsten Mal wäre es sicherlich sinnvoll kleinere Portionen an Informationen in mehreren Bürgerversammlungen auszuteilen.
Fotos: Lindemann