Geheime Mächte

„Ich glaube, es ist eine traurige Wahrheit, dass wir unserem Affenzustand noch sehr nahe sind und dass die Zivilisation nur eine sehr dünne Decke ist, die sehr schnell abblättert.“

Zitat aus einer Tonaufnahme von Fritz Bauer in Frankfurter Ausstellung: 
Fritz Bauer. Der Staatsanwalt. NS-Verbrechen vor Gericht (2014)

Die Gemeinde Biebertal ist im letzten Jahr Mitglied im Fritz Bauer Institut geworden.
Beweggründe: die Geschichte nicht vergessen, aus der Geschichte lernen.

Das Fritz Bauer Institut in Frankfurt/Main beschäftigt sich mit der Geschichte und Wirkung des Holocaust.
Es ist eine unabhängige, zeitgeschichtlich ausgerichtete und interdisziplinär orientierte Forschungs- und Bildungseinrichtung, in dem die Geschichte der nationalsozialistischen Massenverbrechen und deren Wirkung bis in die Gegenwart untersucht und dokumentiert werden. Das Institut ist mit einem Lehrstuhl an die Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main angeschlossen.

Leider erleben wir zur Zeit, 77 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges, mit den Geschehnissen in der Ukraine, wie Recht Fritz Bauer, von 1956 bis 1968 Generalstaatsanwalt in Hessen, hatte.
Leider hat sich die Lehre aus den zwei schrecklichen Weltkriegen des 20. Jahrhunderts: „Nie wieder Krieg“ längst relativiert und auch die in der Kriegsrethorik angezeigten „Bösen“ zeigen sich als austauschbar – ohne dass sich am Prinzip etwas ändert. Je weiter man vom anderen (real körperlich wie vom Kenntnisstand her) entfernt ist, um so leichter eskalieren Streitsituationen (sowohl im privaten wie unter Staaten).


Derzeit haben Verschwörungsmythen wieder Hochkonjunktur.
Im Zuge der Flüchtlingswelle aus den Kriegsgebieten in Afghanistan und Syrien sowie aus afrikanischen Staaten 2015 wurde von einer angebliche „Islamisierung Deutschlands“ phantasiert, wie auch vom geplanten Austausch der deutschen Bevölkerung (im Nationalsozialismus damals „Umvolkung“ genannt). Zeitgleich wurden klassische Medien als „Lügenpresse“ (nicht weit von Göbbels „Systempresse“ entfernt) diffamiert und behauptet, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten berichten einseitig im Auftrage der Regierung. Ähnliche Mutmaßungen kursierten bald über vermeintliche Ursachen und Ziele der Covid-19-Pandemie, während der wissenschaftlich längst bewiesene Klimawandel gleich ganz geleugnet wurde. Parallel keimten antisemitische Parolen wieder auf und feindselige Übergriffe nahmen zu. Wie im Mittelalter – wo zu Zeiten der Pest Juden Brunnenvergiftung vorgeworfen wurde, wird heute wieder eine angebliche Urheberschaft an Plänen, die sich gegen die „wahren“ Interessen des Volkes richten, unterstellt. Dabei ist auffällig, wie die Rhetorik an die Propaganda im Nationalsozialismus anknüpft und eine verabscheuungswürdige Sprache und Denkweise von rechten Politikern hoffähig gemacht wird.

Wie im NS-Regime die durch Krieg annektierten Gebiete „germanisiert“ werden sollten, so spricht auch Herr Putin inzwischen mehreren anderen souveränen Staaten ihr Existenzrecht ab und „holt sie in das russische Großreich vor dem Zusammenbruch der UDSSR zurück“. Auch hier ziehen angeblich Juden im Hintergrund die Strippen – wie der Jude Selenskyj und US-amerikanische Finanzinvestoren. Irrationaler Weise rechtfertigt Putin in seiner Erzählung von der militärischen Sonderaktion – anknüpfend an den siegreichen Feldzug gegen die Deutschen im 2. Weltkrieg – zugleich (und das ist typisch für Verschwörungsmythen, dass Widersprüche in sich überhaupt kein Problembewusstsein in der Wahrnehmung ihrer Anhänger auslösen) die Ausrottung der Nazis in der Ukraine. Zwar gibt es solche tatsächlich, wie in vielen Staaten mittlerweile, doch stellen sie überall mit ihrem kruden Gedankengut nur eine Minderheit in der Gesamtbevölkerung dar. Vergleichsweise werden auch in den USA Juden für die Migrationsbewegungen aus Lateinamerika verantwortlich gemacht. Einfache Erklärungen für komplexe Problemlagen lassen sich eben einfacher denken und glauben, kosten nicht so viel Durchdringungsarbeit.
Dabei gibt es die Konstruktion einer Bedrohung (die durchaus real sein kann) allerdings nur innerhalb eines Konkurrenzmodells; während die Idee einer Kooperation auf den Gedanken an das „Recht des Stärkeren“ verzichten kann und dafür das Gemeinwohl in den Blick nimmt.


Im Zusammenhang mit den aktuellen Weltkonflikten finden allgemein Spekulanten aller Herren Länder, die in Hedgefonds Geld von Anlegern einsammeln und dann mit riesigen Summen spekulieren bzw. auf Markttrends Wetten wenig Beachtung.
Hedgefonds sind „alternative Geldanlagen“, weil sie nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich sind; Mindestanlagevolumen meist bei 500.000€ oder mehr.
Steigen in Krisengebieten oder durch Marktwetten an den Rohstoffbörsen z.B. die Nahrungsmittel- oder Energiepreise, werden zunächst ärmere Länder, später auch wirtschaftlich stabilere Staaten destabilisiert. Es kommt zu Unruhen (wie z.B. vor dem arabischen Frühling). Die politische Instabilität in Regionen wächst, mit ihr die Unsicherheit und weitere Wetten auf zukünftige Entwicklungen des Marktes, bei z.B. krisenbedingt niedrigerer Produktion und steigende Preise, lassen sich nun wiederum relativ sicher vorhersagen. Daher können insbesondere in Zeiten großer Unsicherheit (Krisen) enorme Kapitalgewinne auf Kosten anderer erzielt werden. Denn Ziel der Fondsmanager von Hedgefonds ist es, möglichst hohe Rendite für die Investoren zu erzielen (ohne Rücksicht auf die Folgen). Das geschieht am Rechner mit Hilfe von Algorihytmen in Sekundenbruchteilen, immer wenn der Kurs sich bewegt. Dabei sind die Hedgefonds im Gegensatz zu traditionellen Investmentfonds überaus unreguliert, haben eine nur geringe Verfügbarkeit und dürfen zudem auch Leerverkäufe tätigen – also mit Aktien und anderen Papieren spekulieren, die sie nur zeitweilig geliehen haben – was die Marktmacht und den Einfluss auf Entwicklungen erhöht.

Bedeutsam in diesem Zusammenhang ist auch, dass die Einnahmen von Rohstoffen in der Regel nicht zum Wohl der Bevölkerung verwendet, sondern durch Waffenkäufe zur Stabilisierung der herrschenden politischen Elite genutzt wird.
Dabei steht z.B. die Höhe des Öl- oder Gaspreises mit der Wahrscheinlichkeit kriegerischer Auseinandersetzungen in direktem überzufälligem Zusammenhang. Man kann es sich dann eben leisten … zumal die Zerstörung seit Jahrzehnten schon in Stellvertreterkriegen in andere Länder getragen wird und die eigene Bevölkerung weitestgehend nicht direkt von den Gräueln betroffen sind bzw. leichter verdrängen kann, da es ja „weit weg“ stattfindet.
Daher wurden auch z.B. die Kriegsverbrechen in Syrien, Tschetschenien usw., aber auch in Vietnam, Irak oder Somalia, als weniger bedrohlich wahrgenommen, als nun der „Krieg in Europa“.

Quellen: Fritz Bauer Institut,
Wikipedia,
NDR,
Einsicht 2021 – Bulletin des Fritz Bauer Instituts – Geheime Mächte, Antisemitismus und Verschwörungstheorien, S. 37;
Artemediathek – Boom und Crasch
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